Facebook ist tot, es lebe das… Ja was denn?
Wer in den letzten Wochen, den letzten Monaten bzw. den letzten Jahren aufmerksam einschlägige Beiträge des klassischen Journalismus und der Social Media Experten-Szene verfolgte, der wird sicherlich festgestellt haben, dass das soziale Netzwerk Facebook schon lange das Zeitliche gesegnet hat. Rückblickend möchte ich einmal die Gründe aufzählen, warum der Pionier des Social Web, so wie wir es damals nannten, das Zeitliche segnete. Ausschlaggebend waren vor allem das große Wachstum bis in das Jahr 2013 – mehr als eine Milliarden Nutzer haben in der angesprochenem historischen Epoche des Web 2.0 dem Netzwerk seinen Todesstoß versetzt. Der atemberaubend schnell-schleichende Tod wurde dabei von vielen der damaligen vorausschauenden Social Media Evangelisten frühzeitig antizipiert.
R.I.P. Facebook
Eine kurze Google-Recherche zeigt, welch prophetische Vorhersage schon 2010 so treffend durch den Zukunftsforscher Matthias Horx diagnostiziert wurde: “Soziale Netzwerke sind heute schon weit über ihren Hype hinaus.” Und tatsächlich, seit 2010 ist Facebook nur um 60% auf 1,1 Milliarden Nutzer weltweit gewachsen. Damit ist es eindeutig bestätigt: Der Hype ist vorbei. Sozusagen eine Abstimmung mit der Maus. Nicht umsonst hatten sich Mitte 2013 über 25 Millionen Deutsche mit Facebook solidarisch erklärt und durch einen Account dem sozialen Netzwerk das letzte Geleit spendiert.
Eingeleitet wurde der Niedergang des einstigen Internet-Stars durch eine Meinung einer 13-jährigen. Ausführlich schilderte sie ihre Betroffenheit ob der Apathie des Patienten Facebook – nichts war mehr übrig von der einstigen Attraktivität, der Glanz vergangener Tage verblichen. Außerdem vermisste sie Ihre Freunde, lediglich alte Greisinnen und Greise bevölkerten das außsterbende Facebook: “Facebook was just this thing all our parents seemed to have!” Kurz vor dem Exitus von Facebook in 2013 hätte der deutsche Wirtschaftsrat es nicht passender formulieren können: “Facebook ist schon tot.”
Selbst einer der Meinungsführer des deutschen Neuland-Qualitätsjournalismus, der Focus, musste im Laufe des Jahres 2013 konsterniert feststellen: Wiederbelebungsmaßnahmen für den kranken Mann Facebook sind vergeblich. Als Beweis führte man neben den Erfahrungen mit der eigenen einst prosperierenden und vor allem höchst informativen Facebook-Page einige Beispiele der letzten großen Dinosaurier unter den Facebook-Fanpages ins Feld.
Laut des Focus-Fachblogs Netzökonomie kündigte sich der schleichende Tot von Facebook endgültig im Laufe des Jahres 2013 an. Die Engagement-Raten der letzten verbliebenen Facebook Fanpages rauschten mit erschreckender Geschwindigkeit in den Keller. So geschehen zum Beispiel auf der Fanpage des deutschen Nationalspielers Mesut Özil: Die Engagementrate, die man aus Gründen der Pietät nicht näher erläuterte, sank auf der Fanpage trotz der erst ein Jahr zurückliegen Fußball-Europameisterschaft (2012) ins bodenlose – und dass, obwohl der Kicker Özil extra nach Spanien zu Real Madrid wechselte, um stärker in den Focus der deutschen Fans zu rücken.
Ein zweites trauriges Beispiel aus der Endzeit des sozialen Netzwerks, wie die Menschen es damals kannten: McDonald’s Deutschland. Wie in den aufgeführten Statistiken des oben verlinkten Artikels zu sehen sank auch hier die Beteiligung im und am Mitmachweb. Unterstützt wurde der Verwesungsprozess der Fanpage des Burger-Bräters durch die Tatsache, das in einem Akt letzter Verzweiflung das Social Media Team anfing, die Kondolenzbeiträge der User auf der eigenen Pinnwand zu beantworten. Zumindest dieser Fanpage wurde so ein würdiger Abschied aus dem Internet zu Teil.
Auch ein Dinosaurier des Social Web, der Discounter Lidl, hat sich als einer der letzten aufrechten deutsch-kroatischen Fanpages nicht gegen den Abwärtstrend im Social Web stemmen können – und das trotz einer herausragenden Contentstrategie, die sogar vor dem Zahnarztstuhl nicht halt machte. Auch hier sank das sagenumwobene Engagement laut der statistischen Erhebungen des Focus in den Promillebereich.
Traurig aber bittere Realität: Auch das Engagement der Fußballbundesligisten Borussia Dortmund und FC Bayern München sank in der heißen Phase der Bundesliga-Sommerpause. Verwunderlich und bezeichnend für den Niedergang der Facebook Fankultur: In den letzten Wochen des regulären Saison erreichte das Engagement Topwerte, obwohl die jährliche Spielpause mit packenden Freundschaftsspielen gegen Verbandsligisten noch bevorstand.
Facebook: Todgesagte Leben länger!
Aber genug Sarkasmus und zurück zu den Fakten: Sicher, Facebook wird sich verändern, vielleicht wird es durch Google+ abgelöst oder StudiVZ wird erfolgreich relaunchen und den Weltmarkt erobern. Ganz sicher aber nicht morgen, übermorgen oder in zwei Jahren!
Aber ganz ehrlich: Wöchentlich in beliebigen Beiträgen, nicht hinterfragten Statistiken, nicht ins Verhältnis gesetzten Zahlenkolonnen und persönlichen Erfahrungsberichten das Ende von Facebook heraufzubeschwören, halte ich gelinde gesagt für Nonsens. Besonders erschreckend, dass sich an diesen unreflektierten und oberflächlichen Totsagungen oft genug auch einige Berufstätige aus der Welt der Social Media beteiligen. Das finde ich besonders schade, denn gerade wir als Fachpersonal müssen alle Beiträge immer kritisch beäugen.
Die angesprochenen Statistiken zu den Beispielen finden sich hier. Ich zweifle die Statistiken nicht an, man sollte sich bei der Betrachtung der Statistiken aber die einzelnen Seiten und Umstände näher anschauen und differenziert analysieren.
Title pic by Mourner | flickr | CC BY 2.0
One Response to “Facebook ist tot, es lebe das… Ja was denn?”
[…] Christian schon letztens schrieb, ist Facebook tot, obwohl es das gar nicht ist. Trotzdem ist die Frage interessant, was denn das nächste große […]