Warum sich Facebook mit Timeline Promotions keinen Gefallen getan hat
Wie ein Donnerschlag hallte es am 27.08.2013 durch die professionelle Social Media-Welt: Facebook änderte die Promotion Guidelines und gibt die Timeline für Gewinnspiele frei! Ungläubiges Staunen in meinem persönlichen Social Graph: Die Pinnwand? Tatsächlich für Promotions, Gewinnspiele und Contests geöffnet? Anfangs noch für eine Art Aprilscherz gehalten wurde ziemlich schnell klar, dass Facebook tatsächlich die Pinnwand für Promotions geöffnet hatte. Die Ereignisse des Augusts 2013 liegen mittlerweile schon drei Monate zurück, Zeit ein erstes Fazit zu ziehen. Was hat sich verändert, ist der Schritt von Facebook konsequent und richtig gewesen? Zahlen sich die neuen Möglichkeiten der aufgeweichten Promotion-Guidelines auch für Unternehmen aus?
Folgen der Timeline Promotions
Die Änderung der Promotion Guidelines ist auf jeden Fall konsequent gewesen. Viele kleinere und wenige größere Fanpages missachteten schon lange die Richtlinien, die Gewinnspiele mit Hilfe von Facebook-Funktionen untersagten, ohne faktisch Konsequenzen befürchten zu müssen. Zumindest aus meiner Perspektive sei das auch kleineren Restaurants um die Ecke zugestanden – hier fehlt oft das Budget und auch das Know-How, um Promotions professionell umzusetzen. Für große Brands aber ein absolutes No-Go: Die Guidelines hatten durchaus ihre Berechtigung, haben sie doch vor allem eines geleistet: Facebook vor Beliebigkeit und Irrelevanz zu schützen! Die Frage nach der Sinnhaftigkeit ist also eine andere. Guckt man sich einige der zurückliegenden Aktionen großer Marken und kleinerer Radiosender der letzten Wochen an, so sägt man doch am eigenen Stuhl. Tausende Kommentare wie “Gerne dabei und geteilt” – wer wird denn da noch etwas Relevantes in Facebook erwarten, wenn sich dieser Trend verstärkt? Sollte sich diese Entwicklung fortsetzten ist nicht ausgeschlossen, dass Facebook sich zu einem Kanal entwickelt, der nicht mehr ernst genommen werden kann. Warum? Die Kommunikation zwischen Marke und Fans wird entwertet, jegliche Sinnhaftigkeit fehlt. Niemand wird mehr relevanten und wertigen Content erwarten, ist doch der Blick in die Kommentare nur noch reine Zeitverschwendung. Klar, dieses Szenario ist bewusst dramatisiert und zugespitzt, meiner Meinung nach aber nicht unrealistisch. Wer die eigenen Fans für dumm verkauft und nur auf die Zahlen für Comments, Likes und Shares schielt, der kann auch keine Interkationen erwarten, die auf das Unternehmen, Produkte und Marke einzahlt.
Natürlich gibt es diese Art Kommentare auch für Aktionspostings zu in Applikationen durchgeführten Gewinnspielen. Genau das sind aber die Art User, die viele der Timeline-Gewinnspiele quasi herangezogen haben. Gewinnspieltouristen haben keinen Bezug zu Marke und Produkt. Trotzdem kommentiert und teilt diese Spezie von Fans munter jedes Gewinnspiel in der Hoffnung, die eigene Gewinnchance zu steigern. Das ist noch nicht einmal ein Vorwurf an diese User – sie haben es ja von bekannten Marken und großen Fanpages so gelernt. Der eigentliche Sinn von Facebook aus Unternehmensperspektive wird aber untergraben – es werden keine Inhalte mehr transportiert, Anreize sich mit einer Marke zu beschäftigen gehen verloren. Die Erwartungshaltung von Fans stumpft ab, Content wird nebensächlich.
Beispiele, wie man es zumindest meiner Auffassung von Social Media als Marketing-Instrument folgend nicht machen sollte, sind der Discounter Lidl oder der schon genannte Radiosender Kronehit. Vorweg, das ist kein Vorwurf an die Personen die diese Seite betreuen. Ich habe keine Ahnung, welche Ziele verfolgt bzw. vom Management verlangt werden. Gleichzeitig sehe ich aber Social Media Manager in der Verantwortung, hier auf Contentstrategien zu setzten, die ihren Namen wirklich verdienen. Und die Sinnhaftigkeit von langfristigen Strategien, die zu Unternehmen und Produkt passen, auch nach Innen zu kommunizieren und zu verteidigen. Einzelne Postings mit einem Hyper Engagement passen in aller Regel nicht dazu. Der einzig “positive Effekt” solcher Aktionen? Man kann das Community Management komplett einsparen, Unterhaltungen werden nicht mehr stattfinden.
Beispiel: Der letzte Kommentar gewinnt
Ein Beispiel. Lidl hat es gerade wieder getan: Der letzte Kommentar gewinnt. Ich frage mich: Was hat Lidl von solch einem Posting? Klar, die Zahlen sind beeindrucken. Aber was bringen tausende Kommentare ohne Inhalt? Sind Kommentare und Likes überhaupt ein lohnenswertes Ziel oder ist es der Klick auf den Link zur Unternehmensseite? Wie zahlt sich so etwas langfristig für die Marke Lidl aus? Bevor jetzt jemand mit Awareness und anderen Schlagwörtern um die Ecke kommt – wofür wird die generierte Aufmerksamkeit genutzt und noch viel wichtiger: Womit wird die Aufmerksamkeit bei allen, die diese Kommentare in ihrem persönlichen Feed und Newsticker sehen, assoziiert? Meine Einschätzung zu diesen Fragen ist klar: Hier wird der Fan zu Klickvieh degradiert um vordergründige Ziele ohne strategischen Tiefgang zu erfüllen. Der Fan wird sich nicht mit der Marke beschäftigen. Auch auf den Edge-Rank haben solche Aktionen meiner Erfahrung nach keinen Einfluss mehr. Die Kommunikation und Sichtbarkeit steigt in der Folge nicht an. Übrigens: Gerne zu diesen Fragen bzw. der Einschätzung einen Kommentar hinterlassen. Ich freue mich auf kontroverse Meinungen.
Facebook hat sich mit der Öffnung der Timeline keinen Gefallen getan
Ganz grundsätzlich und fast etwas pathetisch möchte ich mit diesem Beitrag vor allem ein Anliegen transportieren: Wir haben mit Facebook einen wunderbaren Kanal, der unzählig viele kreative Möglichkeiten bietet, mit unseren Kunden und Stakeholdern direkt in Kontakt zu treten. Es gibt kaum ein zweites Medium, dass uns solche Chancen eröffnet, unaufdringlich aber höchst effizient Unternehmensziele zu verfolgen. Und genau deshalb liegt es auch in der Verantwortung eines jeden Social Media Verantwortlichen das, was wir mit Facebook haben, zu bewahren und weiterzuentwickeln! Und das bedeutet eben nicht, Facebook Fans für dumm zu verkaufen und mit Belanglosigkeiten zuzuspamen. Marken, die in großen Teilen die Kommunikation auf Facebook prägen, laufen mit Gewinnspielen dieser Art Gefahr, in der Belanglosigkeit zu versinken. Und damit auch Facebook als Medium.
Zum Schluss noch etwas positives: Ganz so schwarz wie in diesem Beitrag gemalt, sieht es bei Facebook aktuell zum Glück nicht aus. Positiv überrascht muss man trotz allem feststellen, dass die Öffnung der Pinnwand nicht zu den Gewinnspiel Exzessen geführt hat, wie ich und einige andere befürchtet hatten. Das zeigt, das Social Media in Deutschland ist in großen Teilen sehr gut aufgestellt ist – trotzdem gilt es die Augen offen zu halten und Fehlentwicklungen kritisch zu begleiten. Das heißt ausdrücklich aber nicht, dass es keine kreativen Wege gibt, auch die Pinnwand für Promotions zu nutzen. Bislang sind sie mir aber noch nicht begegnet.
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