Instagram bereichert sich am Volk der Dichter, Denker und Bedenkenträger

Heute hat Instagram die eigen AGBs oder englisch die Terms of Service geändert. Ein gefundenes Fressen für die deutsche Medienlandschaft! Wieder einer dieser Internetdienste aus Übersee, die unsere Freiheit beschneiden und sich an dem künstlerischen Schaffen des Volkes der Dichter, Denker und Bedenkenträger bereichern. Kurz zusammengefasst: Instagram räumt sich ab sofort das Recht ein, die Bilder seiner User zu nutzen, um über eine wie auch immer geartete Vermarktung dieser Einkünfte zu generieren. Durch den deutschen Qualitätsjournalismus wurde das Ganze durch Headlines wie diese unter den deutschen Wutbürgern bekannt gemacht:

Anlass zu diesem Post hat mir aber nicht die Änderung an sich gegeben, sondern der Umgang mit dieser Meldung von Instagram in den deutschen Leitmedien.

Was hat Instagram in den AGB’s überhaupt geändert?

Wer sich ein eigenes Bild bzw. eine eigene Meinung machen will, der findet die originalen ToS hier die ab dem 16.1. gültigen AGBs. Dort heißt es in Punkt 2:

Some or all of the Service may be supported by advertising revenue. To help us deliver interesting paid or sponsored content or promotions, you agree that a business or other entity may pay us to display your username, likeness, photos (along with any associated metadata), and/or actions you take, in connection with paid or sponsored content or promotions, without any compensation to you. If you are under the age of eighteen (18), or under any other applicable age of majority, you represent that at least one of your parents or legal guardians has also agreed to this provision (and the use of your name, likeness, username, and/or photos (along with any associated metadata)) on your behalf.

Hintergund der Änderungen der ToS ist wohl das bestreben vom Besitzer Facebook, den Dienst tiefer in das eigen Angebot zu integrieren und so auch Werbeanzeigen mit Einbindung von Instagram Fotos zu ermöglichen. Rein aus Social Media MArketing Perspektive ein vielversprechender Ansatz, generieren doch Fotos – und erst recht Instagram Fotos – immer die meiste Aufmerksamkeit. Was aber nicht gesagt wird: Instagram verscherbelt Bilder wie eine Bildagentur!

Der Deutsche Journalismus und das Social (Media) Web

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Medien und Medienkonsumenten haben gegenseitige Erwartungen: Der Konsument will die vermeintlich eigene Meinung bestätigt sehen, die Medien wollen Klicks, Auflage oder irgendeine Interaktion, die zu monetarisieren ist. Eine gefährliche Spirale, die sich in Deutschland in Bezug auf die Berichterstattung zu Social Media und Web-Themen in den letzten Jahren zu einem Selbstläufer entwickelt hat. Sobald einer der Anbieter wie Twitter, Google oder der Erzbösewicht Facebook auch nur irgendwie zuckt ist die reflexartige Reaktion in Deutschland schon vorrauszusehen – was konkret in den Änderungen steht, wird zu Nebensache. Ein “Fachjournalist” schreibt vom Anderen ab, schaut sich aber nicht die Quelle an. Dazu kommt sicherlich auch eine Art Angst vor Macht-, Meinungs- und Bedeutungsverlust auf Seiten der deutschen Medien, aktuell noch angeheizt durch die Diskussion zum Leistungsschutzrecht. Hier kann der deutschen Medienlandschaft sicherlich auch eine unkonsternierte, aber zielgerichtete Kampagne über alle Verlagshäuser hinweg attestiert werden. Eine konkrete Absprach ist nicht nötig – zum einen kann man ja abschreiben, andereseits ist man ja auch von den gleichen Ängsten geplagt. Insofern ist das Ergebnis immer das Gleiche: Alles was nach Online riecht bedeutet Gefahr und kann bei uns in Deutschland prima zur Meinungsmache genutzt werden. Der Boden wurde ja jahrelang bereitet…

Zurück zu Instagram: Hier kommt dann zusätzlich das Ego des durchschnittlichen deutschen Onlineuser zu tragen: Man will eine geile kostenlose App; jetzt kann man Fotos machen, sich wie ein Kunstschaffender fühlen und das Ganze auch noch easy peasy mit seinen Bekannten teilen, sharen, faven whatever. Eben Social Fame sammeln! Kommt aber jetzt der böse Anbieter, so werde ich als User bestohlen: Die Kunstwerke sollen jedermann zum Kauf angeboten werden! Hey – war das nicht eigentlich mein Sprungbrett zu Ruhm und Moneten?
Ganz ehrlich: Man kann Instagram nutzen, man kann es aber auch einfach seine lassen. Darüber hinaus steht eine ganze Reihe von Alternativen schlange. Die gemachten Fotos haben die meisten nach zwei Tagen vergessen, genauso wie die heutige Causa Instagram. Kein Hahn kräht nach den Bildern, sobald sie zwei Tage alt sind. Das Gefühl was bleibt: Das Social Web ist böse, beraubt mich und verkauft meine Daten. Armes Deutschland, armer Journalismus!
Letztlich muss man akzeptieren, das kein Angebot kostenlos betrieben werden kann – auch hat jeder das Recht nach Gewinn zu streben. Eben auch die Anbieter von Apps & Co. im Social Web.

Denken! Cogito ergo sum!

Ich würde mich persönlich freuen, wenn sich jeder ein eigenes Bild von allen das Web betreffenden Themen (übrigens auch von allem anderen) machen würde. Eine eigene subjektive Einschätzung kann dann auch zu dem Schluss kommen, dass Webanbieter durchaus Daten sammeln und damit auch Geld verdienen (übrigens auch kein Geheimnis, und auch keine ausländische Spezialität – einfach mal vor der Haustür gucken). Jeder kann dann für sich selbst entscheiden, welche Dienste er/sie nutzt und welche nicht. Aber es ist eine Meinung, die auf eigenem Denken basiert! Was nicht geht: Kostenlose Apps und Netzwerke exzessiv nutzen und gleichzeitig laut jammern. Noch viel weniger geht: Die deutschen Meinungsmacher als Journalisten zu bezeichnen! Was geht: Alternativen suchen, sich Anbieter suchen, die den eigenen vermeintlichen Ansprüchen genügen.

PS: Das gilt nicht für jeden Journalisten, leider aber für viele. Es gibt durchaus Medienvertreter, die das Thema Web differenziert betrachten können, wie in jedem Themengebiet. Auch ist das meine persönliche Meinung – eine fundierte Gegenposition würde mich sogar freuen, den nur in der Diskussion kann eine möglichst objektive Beurteilung entstehen. Zum Beispiel durch das Social Web 😉 Nachdem ich schon den ganzen Tag durch diese Instagram-Diskussion penetriert wurde hat mich heute besonders dieser Artikel von Marcel Weiss beeindruckt: Deutsche Journalisten und das Web am Beispiel Instagram.

 

Update (19.12.2012): Instagram hat im Blog auf die Proteste reagiert: To be clear: it is not our intention to sell your photos. Um einen Kumpel zu zitieren: “Wenn man auf die kommende Überschrift hätte wetten können, ich wäre gerade um einige Euro reicher.” Spiegel schreibt heute morgen: Instagram knickt nach Netz-Protest ein

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